Früher …
Es war ein kalter Wintertag, aber es hatte
noch nicht geschneit. Doch auch ohne
Schnee war es Mützen- und Handschuhzeit.
Aber alle warme Kleidung konnte mein
kleines verängstigtes Herz nicht beruhigen
und ich zitterte, nicht weil ich fror, ich war
nur so nervös. Ob die anderen Kinder wohl
nett zu mir sein würden? Was wenn sie
gemein zu mir wären und ich keine Freunde
finden würde.
Nie werde ich vergessen, wie er mich
einfach umarmte und fragte ob wir Freunde
sein wollen. Und wie ich wollte. Er nahm
mich bei der Hand und zeigte mir alles. Und
ich war glücklich.
Egal ob wir in unserer Fantasie den
höchsten Berg bestiegen haben oder als
Piraten ein Baumstammboot kaperten. Wir
verbrachten jeden Tag zusammen.
Bei Mutter, Vater, Kind war ich immer
Mutter und er Vater.
Wenn uns Langweilig wurde haben wir
unsere Kuscheltiere heiraten lassen. Es
waren die schönsten Momente überhaupt.
Wir pflückten Blumen aus den umliegenden
Gärten. Die Nachbarn fanden das nicht so
lustig, aber wir rannten nur Hand in Hand
lachend davon. Schließlich mussten wir
noch in den Sandkasten und die Torte
backen. Es wurde die schönste Hochzeit der
Welt. Wir versammelten alle Kuscheltiere
und Freunde, die alle selbstgebastelten
Geschenke mitbrachten. Mia mein
allerliebstes Kuscheltier und Freddi die
Robbe die ihm am meisten am Herzen lag
wurden zurechtgemacht. Aus weißen
Servierten machte ich ihr ein Brautkleid und
Freddi bekam Krawatte und Hut. Wir hatten
sogar Ringe, auf dass ihre Liebe für die
Ewigkeit bleibt.
2 Stunden
2 Stunden warte ich schon. Es kann doch
nicht so schwer sein auf so ne Frage zu
antworten. Ich will doch nur wissen was in
Mathe auf war. Sie haben es gelesen und
kurz hat einer geschrieben und dann wieder
aufgehört. Vielleicht wissen sie es selber
nicht? Nein auf keinen Fall, obwohl so wie
ich sie kenne traue ich ihnen sogar noch zu.
Aber trotzdem irgendwas müssen sie ja
antworten ein: "Keine Ahnung", "Weiß ich
doch net" oder "Frag doch jemand anderen"
würde doch schon reichen um dieses
endlose Warten zu unterbrechen. Ich kann
nichts anderes machen alle Gedanken auf
die Nachricht fixiert, alles dreht sich um die
Nachricht. Seit 2 Stunden liege ich hier und
die zähle die Bewegungen des
Sekundenzeigers, tick tack von links nach
rechts, von rechts nach links, tick tack tick
tack, von links nach rechts, von rechts nach
links, tick tack tick tack, irgendwie sinnlos
die Bewegungen zu zählen, sinnlos, ja ich
könnte einfach Sekunden zählen, einfach
die Sekunden zählen könnte ich. Und dann
bringt es, mein Handy, die Erlösung, dass
muss es sein, endlich, Stunden des Wartens,
nun ist es soweit die überirdische Erlösung
wird mich retten, wird mich aus diesem
Loch herausziehen.
Das ist die wichtigste Nachricht meines
Lebens.
Es geht hier nicht darum, dass ich Mathe
machen will, hier geht es ums Prinzip.
(absoluter Nervenzusammenbruch) Nein ich
will nicht am Donnerstag ins Schwimmbad
gehen. Was hab ich getan, was hab ich
falsch gemacht, warum hassen sie mich,
warum antworten sie nicht.
Was ist falsch mit mir.
Sind es die Witze? Es müssen die Witze sein!
Aber sie lachen drüber, aber nicht immer.
Natürlich, es sind die Witze, ja es müssen
die Witze sein. Diese dummen Witze ich
muss mit ihnen aufhören, nie wieder Witze.
Nein nein, das geht nicht, sie hassen mich
nicht deswegen, es muss was anderes sein,
sie hassen mich wegen etwas anderem.
Warum überhaupt hassen, wieso nicht nur
nicht mögen, nein es muss Hass sein, wäre
es kein Hass würden sie wenigstens
irgendetwas antworten, ja es muss Hass
sein, purer abgrundtiefer Hass, auf mich
und auf, ja auf was denn jetzt eigentlich
nun, ja woher soll ich das denn wissen?
Ich sollte sie fragen... NEIN ... ich kann sie
nicht fragen, dann bin ich nämlich wieder
der Vollidiot, ja sie werden mich auslachen,
ich werde die Diva sein die wegen einer
nicht vorhandenen Antwort ausrastet, aber
das ist doch eigentlich egal wenn sie mich
so oder so schon hassen.
Ja Hass muss es sein. Nein, nein ich kann
nicht fragen was los ist, sie werden es weiter
sagen und ich werde nie
Freunde finden. Wegen so einer Kleinigkeit
keine Freunde mehr finden, Emil (Anderer
Name!) bitte krieg dich ein. Nein, doch
genauso wird es sein. Ich kann nicht
fragen... Also warum hassen sie mich... es
ist das endlose Reden...
DAS ENDLOSE REDEN... das Geschwafel,
dass nie auf den Punkt kommen das
endlose Gerede wenn sie mir eine einfache
Fragen stellen Mund auf, Mund zu, Mund
auf, Mund zu, Mund auf, Mund zu, Mund
auf, Mund zu, Mund auf, Mund zu Mund
auf,
NIE ENDET ES, was mach ich den gerade, die
armen Zuschauer da draußen, übrigens
hallo, mit meinem endlosen und wirrem
Geschwafel nerven, ja das muss es sein, das
Geschwafel, das endlose
nervenermordende Geschwafel, Mund auf,
Mund zu, Mund auf, Mund zu ihr kennt den
Dreh, dass muss sie nerven ja das muss sie
nerven, ich höre einfach auf zu reden, dann
können sie mich auch nicht mehr hassen,
kein reden kein Hass, keine Witze kein Hass,
keine Persönlichkeit, kein Hass, das ist die
Lösung, das ist die Lösung, ja das muss es
sein, dass muss es sein...
Oder sie haben einfach vergessen zu
antworten.
Sexueller Blick
Ich sitze im Bus, schaue aus dem Fenster -
nein, ich starre aus dem Fenster, um bloß nicht
seinem Blick zu begegnen, um ihn einfach nicht
zu beachten… Doch ich kann nicht.
Entfernt und trotzdem so nah
Ich sitze einfach nur da, emotionslos...doch
langsam taucht dieses Gefühl in mir auf, also
ob jemand einem Ballon in mir aufpusten
würde. Erst ist er nur in meinem Bauch doch,
doch er wird immer größer, drückt Magen und
Darm beiseite und breitet sich in meinem
Brustkorb aus.
Die Augen, braun, eigentlich hellbraun, aber
jetzt im Moment sind sie ganz dunkel, …. Vor
Lust? Aber nicht das positive Gefühl, was die
Liebe mit dir machen würde.
Entfernt und trotzdem so nah
Man sieht nur verlangen.
Kleine Nadeln, vorerst unangenehm, fast wie
ein kitzeln. Nur schmerzhaft. Immer
schlimmer. Immer schlimmer! Immer
schlimmere Wunden.
Mein Körper. Ahh. Nichts äußerliches, aber
innerlich.
Tut weh. So weh! Auf eine ganz andere Art.
Ich sehe alles, wollen tue ich das nicht, aber
sehen leider.
Da hinten! Da steht er und… sieht mich an …
so, auf diese Weise, als… als wäre ich nicht
mehr als mein Körper… als hätte er jedes Recht
dazu.
Entfernt und trotzdem so nah
Lass mich in Ruhe! Geh! Geh weg!
Die Atemzüge enden immer schneller, es fühlt
sich an als würden sie das Herz treffen und in
dem Moment ist es so als ob, mein Herz immer
in einem Ballon ist, der es schützt und dann
geht die Luft aus dem Ballon raus und er
schnürt sich um das Herz und nicht nur das
Herz der ganze Körper fühlt sich an als ob er in
einem riesigen Ballon stecken würde.
Es ist als ob du ein offenes Buch lesen würdest,
alle ekelhaften und unangenehmen Dinge, die
er sich gerade wahrscheinlich vorstellt,
spiegeln sich in seinem Blick wieder.
Sie tasten begierig meinen Körper ab.
Mein Körper. Ahh. Nichts äußerliches, aber
innerlich.
Tut weh. So weh! Auf eine ganz andere Art.
Immer schlimmer. Immer Schlimmer! Immer
schlimmere Wunden. Nichts äußerliches, aber
innerlich. Tut weh! So weh!
Er steht ein paar Meter von mir entfernt und ist
mir trotzdem so nah… Kommt es mir nur so
vor, oder…? Doch, er kommt auf mich zu!
Schiebt sich an den anderen Leuten vorbei …
ohne den Blick von mir zu nehmen. Er sieht
mich an. Er starrt mich an. Und kommt dabei
immer näher … immer näher… Meter für
Meter… Schritt für Schritt…
Näher, immer näher
Meter für Meter, Schritt für Schritt
Du Drecksau! Du Ficker!
Ich spüre meinen Körper wie noch nie zuvor
und trotzdem fühlt es sich wie ein anderer
Körper an.
Die Pupillen sind ganz klein, als würde er mich
mit Messern durchbohren wollen.
Seine Äderchen nehmen einen immer
intensiveren Rotton an, dunkler.
Es sieht aus als würden sie gleich platzen.
Es werden immer mehr.
Sie tasten begierig meinen Körper ab.
Immer schlimmer. Immer Schlimmer! Immer
schlimmere Wunden. Nichts äußerliches, aber
innerlich. Tut weh! So weh!
Gefangen. Ich bin gefangen. Zwischen der
verdreckten Glasscheibe und ihm bin ich
eingesperrt. Ich komme hier nicht raus. Ich
komme hier nicht raus!
Gefangen
Eingesperrt
Eng. So eng!
Zwischen ihm und der Wand
Ich komme hier nicht raus!
Hurensohn! Fick dich!
Die Fremde zieht wie eine Creme ein und wird
zu einem Teil von mir und entfremdet alles
vertraute noch mehr, bis schließlich kein Platz
mehr für vertrautes ist.
… bis schließlich kein Platz mehr für vertrautes
ist!
Kein Entkommen. Kein Entkommen! Es verfolgt
dich überall hin. Überall hin!
Keine Besserung in Sicht. Keine Besserung! Nie!
Niemals! Überall hin!
Ich sehe alles, wollen tue ich das nicht, aber
sehen leider.
Es ist mehr als deutlich. Ein schöner Körper im
Bett. Warum? Triumph?
Angeben vor seinen Freunden? Arghhh. Man
sieht wie er es sich vorstellt. Das. Ihr wisst
schon. Zwei Körper übereinander, eng
aneinander. Nicht ganz freiwillig, einerseits.
… bis schließlich kein Platz mehr für vertrautes
ist!
Messer! Rein, raus, immer schneller. Immer
schneller. Immer fester. Immer fester! Rein,
raus. Unerträglich! Kein Entkommen. Kein
Entkommen! Überall hin!
Ich komme hier nicht raus!
Ich will hier raus!
Rühr mich nicht an! Verschwinde! Arschloch!
Ich will alleine sein, weiß aber nicht ob mein
Körper mir dann vielleicht noch fremder wird.
Ich will was sagen, weiß aber nicht ob
überhaupt ein Ton rauskommt.
… bis schließlich kein Platz mehr für Vertrautes
ist!
Sie tasten begierig meinen Körper ab.
Hurensohn! Fick dich!
Inzwischen sind die Augen genauso schwarz,
wie ein tiefes, tiefes Loch, aus dem, wenn man
hineinfällt, kein Entkommen ist. Wo
schreckliche Dinge passieren. Die Pupillen
weiten sich, nehmen fast die ganze Linse ein.
Verlangen. Lust. Unsicherheit. Und vielleicht
auch etwas Scham, all das sieht man in seinen
Augen.
Kein Entkommen. Kein Entkommen! Es verfolgt
dich überall hin. Überall hin!
Keine Besserung in Sicht. Keine Besserung!
Nie! Niemals! Überall hin!
Puffgezeugte Arschgeburt! Wichskrüppel!
Arschgeficktes Suppenhuhn!
Messer! Rein, raus, immer schneller. Immer
schneller. Immer fester. Immer fester! Rein,
raus. Unerträglich! Kein Entkommen. Kein
Entkommen! Überall hin!
Während er sich nun zu mir runterbeugt, um
mir etwas ins Ohr zu flüstern.
Ich spüre seinen Atem an meinem Ohr, an
meinem Gesicht. An meinem Hals.
Es zählt nur das, was er will. Ich bin ihm als
Person völlig egal.
Egal. Das bin ich.
theater et zetera
Theater hat seine eigene Wirklichkeit. Der
Zuschauer lehnt sich zurück und akzeptiert die
Spielregeln: So kann er in 90 Minuten ganze
Epochen an allen erdenklichen Orten der Welt
erleben - erschaffen auf den Quadratmetern
einer Bühne und der Imaginationskraft der
Schauspielerei.
Nicht anders verfährt theater et zetera. Nur
dass es dauernd die Spielregeln ändert - und
so Blicke auf ungesehene Realitäten öffnet.
HerzSchwärmer
Texte